ČEZ JIZERSKÁ 50
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3.10.2019
Das Langlauf-Wettrennen Jizerská 50 hat bereits viele Geschichten geschrieben. Und eine davon ist auch die Geschichte des abgesagten Rennens. Dies ereignete sich im Jahr 2014, als Gläubige sowie Atheisten für Schnee beteten. Bis zum letzten Augenblick haben die Menschen gehofft, dass in Bedřichov doch noch Schnee fällt. Doch der Schnee blieb aus. Trotz dieses Schicksalsschlags stellten sich die Teilnehmer an den Start dieses „Matsche“-Rennens.
Bei der traditionellen Messe nach Weihnachten waren im Jahr 2013 mehr Menschen anwesend, als üblich. Das schlanke Kirchengebäude in Bedřichov, das auf die Stadt hinunter blickt, war so voll, dass die Eingangstür geöffnet bleiben musste. Das Licht leuchtete in die dunkle Nacht hinaus und machte die weißen Flecken auf den grünen Wiesen sichtbar.
Im Gotteshaus begegneten einander Einheimische mit Sportlern von auswärts sowie den Allzeit bereiten Langläufern in Sportkleidung. Voller Ungeduld wollten sie trainieren. Auch während der Liturgiefeier ließen es sich viele nicht nehmen und blickten insgeheim auf Ihre Mobiltelefone, um die Daten der norwegischen Wetter-App AccuWeather zu prüfen, die am genauesten sein soll.
Und? Hat sich etwas geändert? Besteht noch Hoffnung? Das war eine Messe für Schnee. In diesem Augenblick wurden alle, die das „weiße Gold“ lieben, gläubig. Sie kamen aus der Kirche und richteten ihre Blicke zum Himmel, doch dieser war wolkenlos und von Sternen übersät.
Die Tatsache, dass das Rennen wahrscheinlich nicht ausgetragen werden sollte, ließ man in Bedřichov nur sehr ungern und betrübt zu. Es ging nicht um Geld, denn die Betreiber von Pensionen in der Stadt, würden ihres ja nicht verlieren. Doch alle lieben dieses Wunder, wenn sich die verschlafene Kleinstadt von einem Tag auf den anderen in das Mekka des Langlaufsports verwandelt mit voll besetzten Parkplätzen, ausgelasteten Loipen und dem Wirtshaus Na Dolejší, wo es sich alles vor dem Rennen um den Verlauf und das Wachsen der Skier, und nach dem Rennen dann um die Leistung und das Wachsen der Skier dreht.
František Jelínek, der Eigentümer eines der hiesigen Hotels, absolvierte das Rennen zum ersten Mal als Teenager am Beginn der siebziger Jahre. Als ich ihn in der Silvester-Nacht fragte, was wäre, wenn das Rennen abgesagt würde, sah er mich unverständlich mit dem Blick eines Barkeepers an, den man auffordert, den Sinn der Zutaten in einem köstlichen Cocktail zu erklären.
Der Sinn liegt doch im Ganzen! „Thomas Alsgaard feiert bei mir immer Geburtstag und ich backe für ihn eine Torte. Wenn er und seine Freunde am Sonntag abreisen, fühle ich mich, als wäre ein enger Verwandter gestorben. Mein einziger Trost ist, dass er nächstes Jahr wieder kommt.“
Es wäre nicht das erste Mal. 1983 sah es noch fünfundzwanzig Stunden vor dem Rennen nach einer Absage aus, doch dann erteilte der Direktor des Rennens klare Anweisungen. Die ganze Nacht schafften Soldaten Schnee heran und beschneiten so ganze acht Kilometer der Strecke. Doch was während des kommunistischen Regimes im staatlichen Interesse lag, würde heute bei Umweltschützern nicht durchgehen. Obwohl bei den hektischen Besprechungen am Ende des Jahres häufig extreme Vorschläge eingereicht werden, siegt vor der wachsenden Verzweiflung doch der gesunde Menschenverstand. Es werden weder Lkw-Ladungen mit Schnee bestellt, noch die umliegenden Tümpel und Teiche leer gepumpt.
Der Vorsitzende des Organisationskomitees Martin Koucký verbringt die letzten Stunden mit der mühevollen Suche nach einer Kompromisslösung: Wie weit kann man das Rennen kürzen, damit es immer noch einen regulären Ablauf hat? Wie lange werden die Teilnehmer bereit sein, zu Fuß zu laufen, bevor sie genug haben?
Der Druck ist gigantisch. Sechs Tage vor dem Start muss dem Weltverband FIS mitgeteilt werden, ob das Rennen ausgetragen wird oder nicht. Er weiß nur allzu gut, dass die Entscheidung, das Rennen abzusagen, die schlechteste Variante ist. Für die lokalen Unternehmer, für das Veranstalter-Team, das im Einkaufshaus in Liberec achttausend Umschläge mit Startnummern vorbereitet hat, und für die Teilnehmer, die sehr gut wissen, dass sie das Startgeld nicht mehr zurück bekommen. Viele von ihnen werden es verstehen, doch einige werden böse, vulgär und schrecken nicht einmal vor Drohungen zurück.
Und all dessen ist sich Martin sehr wohl bewusst. Er ist ein Spieler. Ein Jahr zuvor ging er ein großes Risiko ein - eine Woche vor dem Start entschied er darüber, das Wettrennen abzuhalten, obwohl kein Schnee lag. Alle haben damals gebetet, so wie dieses Jahr. Doch damals hatten sie Glück. Gott hat sie erhört. Am Mittwoch vor dem Rennen schickte er nach Bedřichov ausreichend Schnee. Am Sonntag zeigte sich dann sogar die Sonne und die Luftaufnahmen aus dem Hubschrauber erinnern uns heute noch daran, dass es sich um einen der schönsten Jahrgänge des Wetttrennen Jizerská 50 handelte.
Vor dem Wirtshaus Dolina tropft von den angezuckerten Nadelbäumen Wasser und die Rennleitung muss eine Entscheidung treffen. Martin zieht sich schwarze Kleidung an und macht sich auf, um dem wartenden Fernsehstab die traurige Nachricht mitzuteilen.
Doch erst in Not lernt man wahre Freunde kennen. Als am Sonntag die Einwohner von Bedřichov am Start des abgesagten Rennens erschienen sind, fanden sie Hunderte von begeisterten Sportlern vor, um zu Fuß, mit dem Fahrrad oder auf Rollern der verunglückten Bergsteiger zu gedenken. Martin verstand, dass er etwas leitet, was ein Eigenleben hat, und dass auch wenn keine Loipen zur Verfügung stehen, die Fans dieser Sportart diese in ihren Herzen tragen. Bis zum nächsten Schnee. Und das muss dann für den Chef und sein Team mehr als zufriedenstellend sein.
Im Jahr 2014 wurde das Rennen zum fünften Mal in der Geschichte abgesagt.
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